Beim Start am morgen ist der Himmel trüb und grau. Die halbe Nacht habe ich schlecht geschlafen. Ständige Gedanken um die schwierigen Wege und das Wissen das ich solche Verhältnisse nicht lange durchhalten werde können. Das erste Mal habe ich Sorgen das es zu viel wird und Gedanken an ein mögliches Aufhören schleichen sich ein. Da passt der Himmel zu meiner Stimmung. Kurz sehe ich Leila und Stine und wir erzählen uns das wir alle um 9.00 Uhr im Bett waren weil uns der gestrige Tag so geschafft hat. Dann gibts auch noch Schwierigkeiten beim Bezahlen und die zwei wollen mir die Übernachtung unbedingt schenken. Ich bin dermaßen gerührt das mir einfach die Worte vor lauter Dankbarkeit fehlen. Eine Geste die mir das Herz erwärmt aber zu den Zweifeln der Nacht irgendwie passt. Wir stellen fest das sich unsere Wege hier trennen und verabschieden uns herzlich.
Na ja, aber erstmal gehe ich los und versuche den Tag positiv anzugehen. Ich weiß das es 28km bis zur nächsten Hütte sind die ich schaffen will damit ich in Røros viel Ruhezeit habe. Erstmal ändert sich nicht viel, jede Menge Sumpf, Steine, Felsen und Mücken und die beißenden Verwandten die Knotts. Ich habe die Weste an damit ich am Körper etwas Ruhe vor ihnen habe. Irgendwie haben es von den kleinen Tieren gestern welche unter das Unterhemd geschafft und Bauch und Rücken schauen wie ein Streuselkuchen aus. So langsam geht meine Salbe gegen das Jucken zur Neige und Nachschub erhalte ich erst in gut zwei Wochen. Es passt halt alles zusammen wenn man emotional in einem Loch hängt.





Nach etwa 9 km kommt dann plötzlich ein Spazierweg daher.



vorbei an Fliegenfischern, hier ist einiges los

Das wäre eine Übernachtungsmöglichkeit, aber das waren bis dahin erst 12km.
Das hier ist jetzt Gebiet wo die südlichsten Samen ihr Winterquartier mit ihren Rentierherden beziehen. Deshalb die Straßenanbindung und viel offene und halboffene Flächen. Im 17./18. Jahrhundert waren das Weideflächen und Bauernhöfe zur Versorgung der Minenarbeiter in Røros.
Dann gehts den Berg hinauf aufs Fjell und so langsam klart der Himmel auf und die Sonne lässt sich blicken und das hebt die Stimmung beträchtlich.
Am Berg oben wird nicht nur der Blick zurück möglich sondern auch der Blick nach vorne tut sich auf. Im wahrsten Sinne des Wortes. Fantastische weite Aussichten und auch die Felsen und großen Steine lasse ich hinter bzw unter mir.


Ich bin immer wieder überrascht das genze Hänge nass und sumpfig sind. Man sollte doch meinen das Wasser fließt nach unten und oben wäre es etwas trockener.


Aber, ich habe bestimmt eine Slapstickeinlage hingelegt. Es gab nämlich keinen Untergrund und ich bin mit dem einen Fuß bis zum Knie in Zeitlupe eingesunken. Da helfen Stöcke nichts mehr und ich habe mich schön langsam komplett auf die Seite gelegt. Es ist alles nass und weich, weh habe ich mir nicht getan. Der Rucksack tut sein Übriges und ich musste erst mal schauen das ich da wieder rauskam. Rucksack abschnallen und dann auf allen vieren versuchen sich zu befreien. Ihr könnt euch sicher vorstellen wie ich ausgeschaut habe. Zu diesem Zeitpunkt war die Sonne schon da und es ist alles recht schnell trocken geworden und der Torf bröselt dann von allein ab, Dreck ist keiner übrig geblieben und ich sah danach noch menschlich aus.





Drei lange An -und Abstiege mit Flussüberquerungen waren zu meistern. Aber trotz dieser Anstrengungen, das sind Herausforderungen die ich meistern kann. Die Selbstachtung steigt mit dem Sonnenstand und die grandiose Landschaft tut ihr Bestes .

Aber dieser Anblick hat mich regelrecht geflasht. Vorbei waren Sorgen und Selbstzweifel und obwohl immer noch 8km zu gehen waren, war ich glücklich das erleben zu dürfen, einfach unbezahlbar und ich bin bestimmt eine Viertelstunde in der Sonne im Wind gesessen und habe den Anblick bei einer Tasse Kaffee genossen. Da oben gibt es die lästigen Mücken auch nicht mehr.
Ich habe dann beschlossen das ich auf jeden Fall draußen im Zelt essen und schlafen will und nicht in einer Hütte gehe. Dieses Gefühl der Freiheit wollte ich mir erhalten.
Ich habe tatsächlich einen trockenen Platz an einem kleinen Bach gefunden.


Dann hatte ich auch noch kurz Empfang von Nachrichten. Leila und Stine hatten sich über meinen Blog gemeldet und wollten mir in Røros unbedingt ein Essen spendieren.
Ein Tag mit unglaublichen Emotionen hat ein Ende genommen und obwohl ich fast 11h gebraucht habe und echt müde und geschafft war, war ich einfach nur zufrieden und glücklich.
Das ist jetzt einmal ein sehr persönlicher Eintrag in meine Gemütsverfassung geworden, aber es läuft nicht immer alles so leicht dahin.